Bremen, 2002-10-31
Ein kurzer Nachtrag:
Das ver.di Projekt Call Center
Niedersachsen-Bremen, die Arbeitnehmerkammer, der DGB und das
Projekt soCa führten gemeinsam am 29. Oktober 2002 die Fachtagung
"Call Center in Niedersachsen und Bremen: Von modernen
Kommunikationsfabriken und den gläsernen Beschäftigten" in
Bremen durch.
Besonders erfreulich für die
VeranstalterInnen war die hohe Zahl von Call Center-Beschäftigten
unter den über 70 TeilnehmerInnen aus Niedersachsen und Bremen.
Die Einleitungsreferate hielten Heinz
Putzhammer vom DGB-Bundes-
vorstand in Berlin und Holger Ansmann
von der IPA Hannover.
Bundesweit sind zwischen 2.500 und
3.000 Call Center im Betrieb. Call Center haben ca. 130 Tsd. Plätze
und beschäftigten ca. 210 Tsd. MitarbeiterInnen. In Niedersachsen
wird lt. Ansmann von ca. 135 Call Center mit rund 10.000
MitarbeiterInnen, in Bremen von ca. 50 Call Centern mit rund 4.000
MitarbeiterInnen ausgegangen. Heinz Putzhammer forderte für die
zukünftigen Arbeitsplätze in Call Centern stabile
Arbeitsverhältnisse, Tarifverträge, ergonomisch gestaltete
Arbeitsplätze als auch die Entwicklung zu qualifizierten
Mischarbeitsplätzen. Wichtig sei, und dies stehe auch aktuell in
der Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung, dass der vorhandene
Stress der Beschäftigten abgebaut werde.
Nach den Einleitungsreferaten zur
Entwicklung der Call Center "Branche" aus
gewerkschaftlicher und wirtschaftlicher Sicht setzten sich
TeilnehmerInnen sehr intensiv in den Arbeitsforen mit ihren
Arbeitsbedingungen auseinander.
Es gab vier Arbeitsforen.
Das erste Arbeitsforum mit dem Titel
"Call Center: Jobwunder mit Perspektiven oder SklavInnenhaltung
der Neuzeit" leitete Sylva Hieckmann, die Leiterin der ver.di
Bundesfachgruppe Call Center aus Berlin. Hier wurden das schlechte
Image der Branche, die Struktur der Betriebe, die gegenwärtigen und
aus Sicht der Beschäftigten wünschenswerten Arbeitsbedingungen
angesprochen sowie Möglichkeiten, wie diese zum Beispiel zur
Tarifverträge verändert werden können.
Im Arbeitsforum 2 diskutierte die
ver.di-Projektleiterin Kornelia Knieper gemeinsam mit Mitgliedern
der ver.di-Landesfachgruppe Call Center mit den TeilnehmerInnen
über die Probleme zwischen BetriebsrätInnen, Gewerkschaften und
Call Center-Betreibern. Nach der Problemanalyse wurde gemeinsam nach
Auswegen gesucht. So fehlt Beschäftigten häufig die Kenntnis ihrer
Rechte und bei BetriebsrätInnen muss das Interesse an
Gewerkschaftsarbeit erst geweckt werden. Call Center-Beschäftigte
als auch Betriebsräte sollten untereinander Kontakt aufnehmen und
sich austauschen.
So gibt es positive Beispiele:
Gemeinsam mit engagierten Call Center-Beschäftigten konnten bereits
einige Betriebsratswahlen eingeleitet werden. Trotz anfänglichen
Misstrauens wurde schnell deutlich, wie wichtig Betriebsräte sind.
Nur sie können im Unternehmen kollektive Regelungen für die
Beschäftigten erreichen. Gemeinsam mit ver.di sind hier bereits
viele erfolgreiche Maßnahmen zu verzeichnen.
Auch das Netzwerk zwischen
Beschäftigten und BetriebsrätInnen in Call Centern ist
außerordentlich wichtig. Niemand muss "das Rad neu
erfinden"; viele Probleme in Call Centern sind gleichgelagert
und auch positive Ansätze werden gerne von anderen Betriebsräten
aufgenommen. In der ver.di-Fachgruppe Call Center arbeiten Call
Center-Beschäftigte und Betriebsräte und sind jederzeit gerne
bereit, als AnsprechpartnerInnen zu agieren.
Im Arbeitsforum 3 mit dem Referenten
Gerd Schweizer vom TBS der Arbeitnehmerkammer Bremen ging es um
"Entlarvte AgentInnen: Leistungs- und Verhaltenskontrollen im
Call Center". Deutlich wurde hier, dass die im Call Center
eingesetzte Technik eine lückenlose Kontrolle von Leistung und
Verhalten ermöglicht. Dies verstößt in vielen Fällen gegen
Persönlichkeitsrechte und widerspricht allen humanen Ansätzen der
Arbeitsgestaltung. Hinzu kommt, dass ständiger Überwachungsdruck
die Beschäftigten krank machen kann. Anstelle quantitativer
Messzahlen sind qualititative Maßnahmen anzustreben, die
Anforderungen wie Schutz vor grenzenloser Leistungs- und
Verhaltenskontrolle, auf die Rahmenbedingungen, unter denen ihre
personenbezogen Daten verarbeitet werden, erfüllen.
Im Arbeitsforum 4
""Anforderungen und Wünsche der Beschäftigten in Call
Centern: Aus dem soCa-Projekt" präsentierten Anke Koslowski
und Heinz-Josef Itkowiak erste Ergebnisse der bundesweiten Befragung
von Call Center-Beschäftigten. Die TeilnehmerInnen in diesem
Arbeitsforum erarbeiteten Anforderungen und Wünsch zu Teamarbeit,
Mitarbeiter-Führung und Qualifikation, Kernkompetenzen und
formulierten als Ziele eine laufende Weiterbildung und Förderung
spezifischer Fähigkeiten.
Von den ca. 70 TeilnehmerInnen wurde
diese Fachtagung sehr positiv aufgenommen und es zeigt, dass sich
immer mehr Beschäftigte für ihre Arbeitsbedingungen einsetzen
wollen.
Die Tagung war ein guter Start!
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